Mittwoch, 19. Juni 2013
Jesus, der für uns gegeisselt worden ist
Wer in die Augen eines Kindes guckt, daß mißhandelt, mißbraucht oder gar vergewaltigt ist, kann kaum anders, als im Innersten erschüttert zu sein. Dieses Entsetzen vor der Bosheit des Menschen, der Bosheit des gefallenen Fleisches ist es, die der berechtigte Grund der Enttäuschung und Wut gegenüber Mißbrauchstätern, Kindesmißhandlung und der Frage der Abtreibung ist.
Woran liegt das? Ich denke, ein Grund ist, weil Kinder noch deutlich unschuldiger sind als wir. Wie unbefangen ein Kind einen anstrahlen kann, selbst wenn man sich nicht kennt! Man hat manchmal den Eindruck, als sieht man in Kindern noch einen Rest der Unschuld aus dem Garten Eden.
Und hier sehen wir Jesus, wie Er gegeißelt wird. Wie Liktoren mit Peitschen, die in Bleihaken enden, den unschuldigen Leib Gottes zerfetzen.
Wer sind diese Liktor? Was bewegt ihn? Vielleicht tut er nur seine Pflicht - aber was ist das für ein Mensch, der keine Probleme damit hat, auf einen sich windenden Menschen zu schlagen? Ich frage mich, ob einer von ihnen nicht ein wenig Gefallen daran findet. Sein Frust auf dieses jüdische Volk, was ihn in dieser Pampa gefangen hält, vielleicht sein Haß auf Christus, der sich für - nein, nicht für einen - für den Sohn des einzigen Gottes hält, vielleicht hatte bereitete es ihm auch einfach Vergnügen, auf einen Menschen zu schlagen, der sich nicht wehren kann.
Um diese Szene stehen weitere Menschen. Sie wollten das Schauspiel mit eigenen Augen sehen, wie dieser Prophet, der noch vor wenigen Tagen Menschen Trost spendete, gebrochen wird. Andere wollten einfach etwas Blut sehen - es ist halt roter in Echt.
Und nun blicken wir auf uns. Da stehen wir, sehen geil dabei zu, wie sich Frauen vor laufender Kamera erniedrigen, wie ihre Unschuld besudelt wird. Wir sehen, wie Leute in der Öffentlichkeit demontiert werden - Recht geschieht's ihm, nicht wahr! - und ergötzen uns an deren Niedergang. Vielleicht erheben manche von uns auch ihre Faust oder wünschen dem nächsten das schlechteste. So hart es klingt: Wir sind heute, hier und jetzt die Liktoren, die die Peitsche in der Hand führen, die Zuschauer, die sich am Niedergang des Gerechten erfreuen.
Die Liktoren unterbrechen die Geißelung. Es ist vorbei. Sieh ihn Dir an. Schau genau hin. Das warst Du. Doch - und das ist das tröstliche - das hat dieser Gerechte, der Sohn Gottes für jeden einzelnen von uns, für die Liktoren und Zuschauer gleichermaßen gelitten. Denn er liebt jeden von uns. Und er biesiegt die Hölle.
Christus ist für uns, die wir oft Täter sind, ein Mahnmal, doch für uns, die wir auch oft Opfer sind, ist er ein Trost: Er steht neben uns. Das Leiden ist nicht umsonst auf der Welt.